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Custom ROMs: Mehr Kontrolle, längere Nutzungsdauer – aber nicht ohne Risiko

abc-der-IT 15. März 2019

Einleitung: Warum Android-Nutzer zu Custom ROMs greifen

Android-Gerete bieten im Vergleich zu iOS eine offenere Plattform – doch genau diese Vielfalt wird zum Fluch:

  • Hersteller-Bloatware: Bis zu 30 vorinstallierte Apps auf Budget-Geräten wie Xiaomi Redmi-Serien, die sich nicht deinstallieren lassen.
  • Kurzer Support: Samsung liefert nur 4 Jahre Sicherheitsupdates für Flagship-Modelle, bei Mittelklasse-Handys endet der Support oft nach 2 Jahren.
  • Privacy-Bedenken: OEM-Android-Versionen sammeln teils Daten für Hersteller-Apps (z. B. Xiaomis MIUI).

Custom ROMs wie Lineage OS oder /e/OS schaffen Abhilfe: Sie ersetzen das stock-Android durch schlanke, datensparsame Alternativen – und verlängern die Lebensdauer alter Geräte um Jahre.


Was sind Custom ROMs? Definition und Varianten

Eine Custom ROM („Custom Read-Only Memory“) ist eine modifizierte Android-Version, die von Entwickler-Communities erstellt wird. Die drei Haupttypen:

  1. Stock-Based: Basiert auf der Hersteller-ROM (z. B. OxygenOS bei OnePlus), behält aber Kernfunktionen wie Kamera-Tuning bei.
  2. AOSP-Based: Nutzt Googles Android Open Source Project als Basis, entfernt aber alle Hersteller-Apps (Beispiel: Lineage OS).
  3. Google-Free: Komplett ohne Google-Dienste, stattdessen mit Open-Source-Alternativen wie microG (Beispiel: /e/OS).

Vorteile: Von Privacy-Upgrades bis Hardware-Revival

1. Entbloaten und Performance-Steigerung

Durch das Entfernen von Bloatware steigt die Leistung: Ein Galaxy S20 mit Lineage OS erreicht im Geekbench 5 bis zu 15 % höhere Scores als mit Samsungs One UI.

2. Längere Gerätenutzung

  • Galaxy S2 (2011): Läuft mit Android 11 via Lineage OS 18.1.
  • Pixel 3a (2019): Erhält via GrapheneOS noch bis 2026 Sicherheitsupdates – Google selbst stellte Support 2022 ein.

3. Privacy by Design

Custom ROMs wie CalyxOS blockieren Trackingsysteme durch:

  • Netzwerk-Firewalls: Verbieten Apps den Zugriff auf bestimmte Server.
  • Sandboxed Google Play: Isoliert Google-Dienste vom Hauptsystem.

4. Customization-Optionen

  • Theming: Vollständige UI-Anpassung per Substratum.
  • Overclocking: Höhere CPU-Takte auf Root-Geräten (z. B. für Gaming auf dem Poco X3 Pro).

Risiken: Vom Brick bis zum Sicherheitsloch

1. Technische Hürden

  • Bootloader-Entsperrung: Löscht alle Daten und macht Garantieansprüche ungültig (z. B. bei Xiaomi).
  • Brick-Gefahr: Fehlerhafte Installationen können Geräte unbrauchbar machen – besonders bei exotischen Modellen.

2. Sicherheitslücken

Inoffizielle ROMs aus dubiosen Quellen enthalten oft:

  • Spyware: Keylogger in modifizierten Xiaomi-ROMS (nachgewiesen von Kaspersky 2022).
  • Veraltete Sicherheitspatches: 34 % der XDA-Forums-ROMs nutzen Patches mit 6+ Monaten Verzögerung.

3. Funktionseinbußen

  • Kamera-Qualität: Hersteller-eigene Algorithmen fehlen (z. B. bei Google Pixels Night Sight).
  • Banking-Apps: Erkennen ungesignete ROMs via SafetyNet und blockieren Zugriff.

Installation: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Voraussetzungen

  • Entsperrter Bootloader: Über Entwickleroptionen aktivieren (je nach Hersteller unterschiedliche Wartezeiten).
  • Custom Recovery: TWRP (Team Win Recovery Project) als Standard-Tool.
  • ROM-Datei: Nur von vertrauenswürdigen Quellen wie XDA Developers herunterladen.

Prozess

  1. Backup: Daten sichern, da alle internen Speicher gelöscht werden.
  2. TWRP flashen: Via ADB/Fastboot (fastboot flash recovery twrp.img).
  3. ROM und GApps installieren: Zip-Dateien in Recovery auswählen.
  4. Root-Zugriff (optional): Magisk.zip flashen für Superuser-Rechte.

Bekannte Custom ROMs im Vergleich

ROM Besonderheit Geräteunterstützung
Lineage OS AOSP-Basis, wöchentliche Updates 200+ Modelle
GrapheneOS Fokus auf Security, Pixel-only Google Pixel
PixelDust Pixel-Erfahrung auf Nicht-Pixels OnePlus, Xiaomi
/e/OS Komplett googlefrei Samsung, Fairphone

Fallbeispiel: Wie das Galaxy S4 (2013) 2019 noch läuft

Das Galaxy S4 wurde von Samsung 2016 mit Android 5.0 abgekündigt. Durch Custom ROMs wie Lineage OS 20 (Android 13) bleibt es nutzbar:

  • Performance: Debloated OS reduziert RAM-Verbrauch von 1,2 GB auf 700 MB.
  • Moderne Features: Unterstützt WiFi 5 und Bluetooth 4.0 via Kernel-Patches.
  • Aktuelle Apps: Läuft mit Firefox 120 und Signal 6.45.

Custom ROMs – nur für Tech-Enthusiasten?

Custom ROMs bieten ein Paradox: Sie befreien Geräte von Herstellerzwängen, erfordern aber technisches Know-how. Für Durchschnittsnutzer lohnen sie sich nur bei:

  • Altgeräten: Verlängerung der Nutzungsdauer um 2–3 Jahre.
  • Privacy-Fans: Google-freie Nutzung via /e/OS oder CalyxOS.

Unternehmen sollten Mitarbeiter-Geräte jedoch nicht mit Custom ROMs ausstatten – zu groß sind die Risiken durch inkonsistente Sicherheitsupdates. Für Privatnutzer gilt: Nur offiziell unterstützte ROMs flashen – und immer ein Backup haben!

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Jan Kunkel

Seit 2021 als ausgebildeter Systemintegrator tätig und auch neben dem Beruf viel in der digitalen Welt unterwegs.